Ecuador Internacional

Präsident Correa wirft Deutschland Kolonialismus vor

Politik 04/03/2015

Für seinen Frontalangriff auf die deutsche Politik hatte sich Rafael Correa sicheres Terrain ausgesucht. In seiner wöchentlichen TV- und Radioshow "Enlace Ciudadano", die vom Pressebüro des Präsidenten gesteuert wird, feiern linientreue PR-Journalisten den sozialistischen Staatschef, der als Moderator weite Teile der Sendung selbst bestreitet. Ausgestrahlt wird die Politshow Correas von mehr als 50 Sendern des Landes, der unterschwelligen Drohung eines Lizenzentzuges bei Nichtausstrahlung sei Dank.

Streit um ein Erdölprojekt im Yasuni-Nationalpark

Correa nutzt die aus Steuergeldern finanzierte Selbstdarstellung traditionell zur Abrechnung mit den politischen Gegnern und dazu, seinen Landsleuten den Lauf der Welt zu erklären. Und in Folge 402 nahm er sich nun die verhasste deutsche Politik vor. Der Grund des Zorns des Präsidenten ist der Selbstbestimmungswille einer deutschen Parlamentariergruppe aus dem Bundestag, die sich gern in Ecuador mit oppositionellen Umweltschützern treffen wollte. Diese engagieren sich gegen ein milliardenschweres ecuadorianisch-chinesisches Erdölprojekt im ökologisch hochsensiblen Nationalpark Yasuní.

Ende des Kolonialismus in Deutschland nicht angekommen
In Ecuador gäbe es Souveränität und Selbstachtung, rief Correa seinen Zuhörern und Zuschauern zu. Auch gäbe es in Ecuador keine Vizekönige mehr wie zur Zeit des Kolonialismus. Der sei ein für allemal vorbei, stellte Correa klar. Zwar gäbe es auch in der deutschen Politik den ein oder anderen vernünftigen Kopf, doch das mit dem Ende des Kolonialismus und Imperialismus sei eben auch bei denen noch nicht ankommen.

Correas Ärger auf Berlin und seine Politiker hat eine pikante Vorgeschichte. Der frühere deutsche Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) verweigerte einem Projekt Correas einst die Unterstützung. Correa wollte das unter der Erde des Nationalparks Yasuní vermutete Erdöl dort belassen, wenn die internationale Staatengemeinschaft im Gegenzug in einen Klimafonds einzahle. So werde das Klima geschützt und auch der ökologisch wertvolle Yasuní-Nationalpark, zugleich auch Lebensraum einiger indigener Völker, unversehrt bleiben.

Doch lokale Umweltschützer als auch der Rest der Welt hatten so ihre Zweifel an der Redlichkeit von Correas Zusagen, und so entschied sich Niebel damals gegen eine direkte Einzahlung in den Klimafonds. Stattdessen sagte Deutschland Millionengelder für andere Umweltprojekte zu. Genau über die wollte sich die Bundestagsdelegation informieren und ganz nebenbei auch einige Informationsgespräche mit den oppositionellen Yasuní-Parkschützern führen. Doch Correa ging die Neugier der deutschen Politiker zu weit. "Wir zahlen Ihnen das Geld zurück. Wir zahlen Ihnen sogar das Doppelte und dann sehen wir, ob Sie uns auch erlauben, Sie zu kontrollieren", erteilte Correa dem deutschen Informationswunsch eine klare Absage.

Prominenter Umweltschützer ermordet
Correas Wutausbruch wäre schnell wie viele andere cholerischen Anfälle des Linkspolitikers vergessen, gäbe es da nicht in jüngster Vergangenheit Vorfälle, die tatsächlich das Interesse der internationalen Staatengemeinschaft auf das südamerikanische Land lenken sollten. Vor wenigen Tagen wurde in Ecuador ein prominenter indigener Umweltschützer ermordet aufgefunden. Die Leiche des seit Ende November vermissten José Tendetza wies nach Angaben von Familienangehörigen schwere Folterspuren auf, zudem sei die Leiche von den Behörden trotz der offensichtlichen Gewalteinwirkung einfach beerdigt worden.

Ein Sprecher des indigenen Volkes der Shuar erklärte, Tendetza sei ein scharfer Gegner eines von einer chinesischen Firma betriebenen Bergbauprojektes gewesen. "Die ecuadorianische Regierung hat niemanden gefragt, sie hat unser Land einfach Ecuacorriente gegeben", zitierten lateinamerikanische Medien einen weiteren Sprecher der Shuar. Obendrein wollte Tendetza beim Klimagipfel in Lima über die Auswirkungen des Erdölprojekts im Nationalpark Yasuní berichten.

Wie rau das Klima für Umweltschützer in Ecuador geworden ist, zeigt auch, dass die Unterschriftensammlung einheimischer Umweltschützer für ein Referendum über das Erdölprojekt im Nationalpark wegen Formfehlern abgeschmettert wurde. Und: Eine Klimakarawane von Umweltschützern, die durch Länder der Region zum Gipfel nach Lima reiste, wurde überall freundlich empfangen, nur in Ecuador schlug ihr eiskalte Ablehnung entgegen.

Der ecuadorianische Julian Assange
Ein weiterer Fall weckte jüngst ebenfalls internationales Interesse. Der ecuadorianische Whistleblower Fernando Villavicencio floh aus dem südamerikanischen Land, nachdem er der Öffentlichkeit Dokumente zugespielt hatte, die beweisen sollten, dass Ecuador bereits längst mit den chinesischen Milliardeninvestoren über die Ausbeutung der Erdölvorkommen im Yasuní-Nationalpark verhandelte, während Correa noch rund um den Globus tingelte, um den vermeintlichen Umweltschützer zu geben.

Villavicencios Familienangehörige sind nach Angaben von unabhängigen Medien staatlichen Repressalien ausgesetzt, gegen den Whistleblower wird "wegen der Herausgabe von Dokumenten, die auf unzulässige Weise in seinen Besitz kamen, ermittelt", heißt es in einer Pressemitteilung der ecuadorianischen Botschaft. Diese Dokumente seien zudem fehlerhaft und gefälscht. Villavicencio gilt als eine Art ecuadorianischer Fall Julian Assange. Der Wikileaks-Gründer und Internetaktivist harrt in der ecuadorianischen Botschaft in London aus, weil er eine Auslieferung in die USA befürchtet.

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